3.2.2022 Classnotes: Roverso Mezzano

Wie angekündigt haben wir uns am Donnerstag mit den Colpi Mezzani (Mittelhieben) befasst – insbesondere mit dem Roverso Mezzano (von der nicht dominanten Seite). Das Video vom Dienstag fasst die technischen Aspekte des Hiebs und einige praktische Anwendungen gut zusammen.

Der Roverso Mezzano wird laut dem Text mit der kurzen Schneide ausgeführt. Da stellt sich die Frage, warum man einen Hieb mit der langen oder kurzen Schneide ausführt. Einige Punkte, die man beachten könnte, sind:

• Bei Hieben mit der kurzen Schneide kommt die Spitze zuerst an der Mittellinie an
• Bei Hieben mit der langen Schneide kommt die Stärke der Klinge zuerst an der Mittellinie an
• Bei zweihändigen Hieben von der Mandritto-Seite mit der langen Schneide sind die Arme nicht gekreuzt
• Bei zweihändigen Hieben von der Roverso-Seite mit der langen Schneide sind die Arme gekreuzt
• Aktionen mit nicht gekreuzten Armen haben eine etwas größere Reichweite als Aktionen mit gekreuzten Armen
• i.d.R. ist es schwieriger einen Hieb mit „guter Qualität“ mit der kurzen Schneide auszuführen

„Qualität“ in diesem Zusammenhang heißt, wie wirksam der Treffer wäre, wenn das Schwert scharf wäre.

• Ein Hieb mit der Fläche der Klinge z.B. könnte zwar wehtun, aber keine wesentliche Auswirkung auf den Getroffenen haben.
• Ein Hieb mit der Schärfe der Klinge, aber mit schlechter Qualität, könnte eventuell nur die Kleidung des Getroffenen durchbrechen.

Fiore beschreibt einen Roverso Mezzano zum Hals als Folgetechnik für den sog. “Stoßbruch”:

“Ich schlage ihm mit der kurzen Schneide meines Schwertes unter den Bart oder in den Nacken. Und dann werde ich sofort mit einem Hieb von oben auf seine Arme oder seine Hände zurückschlagen, so wie du es hier gezeichnet siehst.”

Vielleicht deutet das darauf hin, dass der Hieb mit der kurzen Schneide in der Regel nicht ausreicht, um den Gegner kampfunfähig zu machen. Oder vielleicht wollte er, dass man nicht nach dem ersten Treffer aufhört, sondern seinen Abzug mit weiteren Hieben sichert. Oder vielleicht natürlich beides!

„Qualität“ kann sehr schwierig einzuschätzen sein, weil der Mensch gleichzeitig unheimlich widerstandsfähig und unheimlich verwundbar ist. Wer von Beschreibungen von Körperverletzungen nicht gestört wird, könnte diesen Bericht eines französischen Chirurgen aus dem 18. Jahrhundert interessant finden: https://hemamisfits.com/2020/04/02/very-perilous-a-sword-wounds-compendium-by-the-surgeon-ravaton/